6. Salzburger Trailrunning Festival 22.10.2017

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Dynafit lud alle Trailheroes nach Salzburg und ehe ich es mir versah, war auch schon das Flugticket gebucht 😀 Ein Wochenende ganz nach meinem Geschmack stand an: verrückt-sympathische Leute – laufen – essen – repeat. Momentan habe ich gefühlt jede Woche irgendeinen Wettkampf, aber dieser war einfach nur so zum Spaß und sollte vor allen Dingen einfach nur mal eins zeigen: dass ein Trailrace kein Ultra sein muss, um zu gefallen.

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Aussicht nach dem Uphill

Lang war es her, dass ich wieder mehr langgezogene und auch alpine Anstiege unter meinen Füßen haben durfte. Vor allem Downhill ist das in meinem Fall immer besonders interessant. Ich freute mich vor allem auf die Uphills: auf 12,5km kamen gute 1170 Höhenmeter, bevor es auf der anderen Seite des Gaisberg 10 Kilometer wieder hinab ging. Am Tag davor liefen wir nochmal knappe 9km zum „Warmwerden“ auf den Kapuzinerberg hinauf, quasi die erste Teilstrecke des Gaisberg Race. Sofort wurde ich mit dem konfrontiert, wofür ich eigentlich nie trainiere – manche nennen es Treppen, ich nenne es einfach nur den „Beinkiller“. Zudem war alles komplett verlaubt, nass, glitschig, steinig und wurzelig. Also genau mein Fachgebiet. Nicht.

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Für den Start sortieren

Nach einer irgendwie ziemlich komatösen Nacht lief ich die über zwei Kilometer vom Hotel in die Salzburger Altstadt zum Startbereich, in welchem schon alles mit den Hufen scharrte. Ich hatte mich für oben lang, unten kurz entschieden. Es hatte nur 7 Grad und ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob das mit der kurzen Hose so eine super Idee war. Dem üppigen Starterbeutel sei Dank, gab es eine wasserdichte Tasche, in die ich alle meine Klamotten für danach packen konnte. Eher uncool war, dass die Damentoiletten nur durch Münzeinwurf in der Tür zu besuchen waren, sodass wir dahingehend kreativ werden mussten – denn sobald die Tür ins Schloss gefallen war, war die Chance auch schon wieder vorbei.

 

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…und mal das Höhenprofil checken

 

Trillerpfeife, Rettungsdecke, Regenjacke – daraus bestand das Pflichtmaterial, was auch bedeutete, dass ich diese vergleichsweise „Sprintstrecke“ mit kleinem Rucksack lief. Ich mache es vorweg ganz kurz: mir war kalt, mir war irgendwie schlecht und ich fühlte mich nicht ganz so oben auf, versuchte aber noch gute Miene zu machen. Hüpfte auf und ab, um ein bisschen Wärme in die Muskeln zu bekommen und war froh, als wir uns zum Start um 9:45h einreihen durften. Gruppenkuscheln at its best – macht wärmer!

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Dynafit Trailheroes

Peng – und alle sprinteten los. Wie sooft verlor jeder das Gefühl für das Tempo oder sonst irgendetwas. Vor mir stürzte jemand fast, immer wieder wurde ich an die Seiten der Absperrungen gedrängt, wieder andere blieben hängen. Ich nahm den zickzack-Streckenverlauf kaum war, fühlte mich auf dem Kopfsteinpflaster irgendwie auch nicht zu Hause und hatte eigentlich (wie fast jeder) nur ein Ziel: vor dem großen Auflauf zu den Treppen zu kommen. Das klappte nur so semi-optimal. Die ersten Treppen waren noch relativ breit, sobald man aber durch das Gemäuer abtauchte, war man gefangen im Gänsemarsch. Manche drückten sich vorbei, andere ergaben sich ihrem Schicksal. Ich nahm mal zwei Stufen pro Treppenabschnitt und dann mal wieder nur eine. Taktik fühlte sich anders an und selbst, als es in den Wald ging, wechselten nur kurze Anstiege mit diesen Elendstreppen. Mittlerweile hatte ich überhaupt keine Chance mehr zu Überholen. Gleichzeitig spielte mein Bauch so verrückt, dass mir die Luft wegblieb und ich eigentlich hätte froh sein müssen, die Treppen im Wanderschritt zu nehmen. Ich wusste aber auch, dass mich das richtig aufhalten würde, schluckte diese Pille aber und sagte mir, heute ist nur Spaß-Tag und sonst nichts!

 

Nach dem Kapuzinerberg ging es weitaus länger wieder herunter, als mir das zuvor bewusst war. Nach kurzen glitschigen Laubtrails kamen mal wieder..? Stufen! Hätte ich mir ja gleich denken können. Meine Salomon S-Lab Ultra versagten kläglich. Jeder Schritt fühlte sich nach Sturz an. Das Flachbett der Stufen war tiefer als das Holzstück, welches die Stufe begrenzte, sodass ich mich nie entscheiden konnte, worauf ich nun treten sollte: am Holz hängen bleiben oder auf dem Holz wegrutschen? Das war dann die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich war langsam, verdammt langsam und die Stufen von einer Ewigkeit, dass ich schon fast wieder die Lust verlor. Manche rutschten neben den Treppen auf dem Laub vorbei, was mich animierte mich ihnen anzuschließen. Meine Füße animierte es zumindest einmal richtig die Grätsche zu machen, was sich wiederum negativ auf irgendeinen Oberschenkelmuskel auswirkte. Dabei hatte ich ja noch nicht mal den Gaisberg erreicht. Die gute Nachricht war: es würden noch viele Uphills folgen. Die schlechte Nachricht: ich würde Dank der Wetterverhältnisse spätestens beim ersten richtigen Downhill schön leiden.

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Kapuzinerberg…again

Als dieses Trail-Treppenhaus endlich ein Ende hatte und ich auf die Straße gespuckt wurde, nahm ich die Füße in die Hand und versuchte zu rennen was ging. Es war aber irgendwie kaum mehr was drin in den Beinen, es fühlte sich eher nach Kaugummi an und mir war es ein Rätsel, wie ich kürzlich den Halbmarathon in einem schnelleren Tempo gepackt hatte, als das was ich da zusammenholperte. Als es sich halbwegs wieder nach rennen anfühlte, ging es auch schon wieder Singletrails in den Wald hinauf. Mein Kopf war idiotischerweise vollkommen auf Ultra gepolt und hatte gerade keine Trainingseinheit meines Altkönigs parat, den wir sonst ja auch nicht hoch hiken, sondern zügig angehen. Welche Kräfte musste ich schon auf etwa 12km sparen? Richtig: keine. Nach einem längeren Uphill in Serpentinen, mit nur wenig Überholmanövern meinerseits, kurzen Downhills und erneuten Uphills, traf ich die Entscheidung, dass ab jetzt gerannt wurde, so lange es nur möglich war. Zudem passierte es mir immer öfter, dass ich im Downhill überholt wurde und am Berg die gleichen Personen jedes Mal wieder einsammelte. „Du schon wieder?“ Ja ich schon wieder.

Eine knackige Waldwiese später hatte ich sie weit hinter mir gelassen und war ab diesem Punkt im Überhol-Modus, griff mir an einer VP ein Stück Biskuitrolle und bekam es das erste Mal in meinem Leben auf die Reihe, laufend und kauend einen Berg raufzulaufen, ohne dass es mir besonders umständlich vorkam . Nachdem keine Frauen mehr in Sichtweite waren, saugte ich mich an die Männergrüppchen heran, die teilweise etwas irritiert waren. Ich war plötzlich doch wieder anwesend und meine Beine erinnerten sich daran, was sie tun mussten, obgleich mir mein Kopf immer wieder sagte: „Nach der nächsten Kurve gehst du aber!“

Es wurde windiger, leichter Nebel lag in der feuchten Luft, während ich eine Brücke querte, während mein Blick über die Landschaft schweifte: endlich hatte ich wieder Kopf die Natur gebührend zu bestaunen!

Noch 400 Höhenmeter, noch 200 Höhenmeter…und ratzfatz war der Gaisberg zum Greifen nahe. Auf den letzten Serpentinen verfiel ich wieder in einen schnellen Wanderschritt, da ich anfing wieder zu rutschen – musste jeden Schritt konzentriert setzen und begann auch noch zu frieren. Über kleine Holzleitern, die quasi über den Rampen lagen ging es immer weiter hinauf. Stehenbleiben, Rucksack ausziehen und Jacke herausholen, das wollte ich in dem Moment aber auch nicht, das wollte ich erst vor dem Downhill tun. Meine Beine waren Eiszapfen und es pfiff immer wieder ein unangenehmer Wind durch die Bäume. Fakt war: die Hose war zu kurz.

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Von oben hörte ich schon Rufe, es war also nicht mehr weit. Mein Zuckerpegel war mittlerweile auch schon wieder abgestürzt und alles fühlte sich weniger kraftvoll an. Aus dem Wald heraus führte ein schmaler Trail an einem Zaun entlang, über eine Wiese mit vielen Anfeuerungsrufen direkt zur VP, mit Tee, Suppe, weiterem Kuchen und ganz wichtig: Cola. Wenn man einmal damit anfängt… Der Wind war eisig – so schnell konnte ich gar nicht den Rucksack absetzen, wie ich weiter auskühlte. Für ein paar Millisekunden ertappte ich mich dabei, mir zu wünschen an dieser Stelle auch aussteigen zu können, wie die Teilnehmer des Skyrace. Das wäre die bequemere Entscheidung gewesen und mit Sicherheit auch die spaßigere, aber ich wollte noch jeden Kilometer mitnehmen der mir geboten wurde..so ein Ultra läuft sich leider nicht von alleine. Also Jacke an, Tee rein, Kuchen rein, Cola rein, über die Wiese Richtung Downhill, den man noch nicht einmal sehen konnte, da es irgendwann einfach abwärts ging.

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Also rannte ich mal wieder in meinen Type-3-Fun (Not fun to do. Not fun to remember), biss wortwörtlich die Zähne zusammen und schmierte schon auf den ersten drei Schritten über glatte, lose und spitze Gesteine. Nur jeder zweite Schritt hielt was er versprach – da runter zu rennen war mir beinahe unmöglich. „Jetzt riskierst du mal was!“, endete mit drei Stürzen, dem Bewusstsein definitiv keine Handschuhe dabei zu haben und der Erkenntnis unnötig Zeit zu verlieren. Natürlich alles, während nach der Hälfte des Downhills ein Fotograf auch noch alles bildlich festhielt.

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Als ich mich schon freute endlich den anscheinend schlimmsten Part hinter mir zu haben, gelangte ich dennoch recht schnell auf weitaus laufbaren Trails zur Erkenntnis, dass mir auch hier meine Schuhe einen Strich durch die Rechnung machten. Laub und Schlamm ergaben zusammen das Verderben schlechthin: mir zog es quasi den Boden unter den Füßen weg und ich mehrmals wahlweise nach hinten strauchelte oder stürzte. Definitiv auch kein Spaß. Es hörte auch nicht mehr auf, ich hatte jegliches Vertrauen verloren, rutschte sogar auf Asphaltdownhills auf den Blättern ungemütlich aus, was ich so definitiv noch nie erlebt hatte. So super der S-Lab bei relativ trockenen Bedingungen auch war und ich ihm bisher großes Vertrauen geschenkt hatte: bei diesem Wetter war das leider nix.

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Glücklicherweise fand ich noch den ein oder anderen zum Plaudern, sobald es wieder laubiger wurde, musste ich wieder abreißen lassen. Auf den letzten 6km versuchte ich es wieder mit Gasgeben, auf den letzten 3 war mehr als ein 5er Schnitt jedoch auch nicht mehr drin. Ich war einfach nur müde, mental und körperlich. Ich spürte die letzten Wettkämpfe, das ein oder andere Training und entlang des Flusses zog sich die Strecke einfach nur ewig. Der Schlussspurt durch die Altstadt ging dann wieder – aber manchmal ist es auch einfach nur gut, wenns dann mal gut ist 😉

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Back to Frankfurt

— Jamie

3 Gedanken zu “6. Salzburger Trailrunning Festival 22.10.2017

  1. Ich habe gerade gesehen, dass du beim Trailrunning Festival in meiner Heimatstadt Salzburg dabei warst. Da werde ich im nächsten Jahr vielleicht auch mitmachen. Ich könnte dir auch den Mozart100 vorschlagen, da bin ich zweimal den Scenic Ultra gelaufen. Sehr empfehlenswert!!!

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