Wer biken liebt…

…der schiebt. Oder macht sich auf in den Spessart, um mal zu schauen was da so geht und wie toll es sich dort schieben lässt 😉

Ich wurde mal wieder von besonderer Klugheit verfolgt, was da hieß 5km Tempolauf am Montag (was ist nur aus den 10km geworden..? Achja die fielen Bein und Hüfte zum Opfer), 40k biken zum Feldberg am Dienstag, 10k Dauerlauf in 49min am Donnerstag und dann die glorreiche Entscheidung für einen Longrun am Freitag. Das Ganze garniert mit Krafttraining. Bis zum Donnerstag war noch alles gut, Freitag habe ich mich dann selbst ins Aus geschossen.

Ich hatte irre Lust auf 20k und so gar keine Lust auf das Studio. Den ganzen Tag über schien die Sonne ins Büro. Als ich dann zu Hause war, war sie wieder weg. Ein Grund, aber kein Hindernis. Also Schuhe an und los. Ich erwartete ein schmerzhaftes Einlaufen, dies kam aber nicht, sodass ich sehr gut sehr schnell weg kam und völlig losgelöst eine Pace von 4:20-4:30 halten konnte. Bergauf, bergab…ich fühlte mich beinahe unbesiegbar. Kurz vor Kilometer 10 verkürzten sich plötzlich meine Schritte. Ich überlegte noch, ob es klüger wäre nochmal Gas zu geben und die Runde für einen schnelleren 10er einfach zu beenden. Der letzte Longrun war jedoch zwei Wochen her und ich war gerade dabei am langen Anstieg vor der Schleife etwas zu drosseln, um die anschließenden Kilometer noch zu packen.

Also lief ich die Schleife und pünktlich zu Kilometer 11 machte mein rechter Oberschenkel zu. Ich ignorierte ihn gekonnt weiter, ganze 500m bis zur nächsten Kreuzung an der ich mich entschied mal neue Wege zu gehen und woanders abzubiegen. Auch mit dem Hintergedanken etwas abzukürzen, denn das was da brodelte fühlte sich schon länger nicht mehr gut an. Ich bin eher von der Gattung „ich laufe noch bis zu Busch xy, Bodenrille 31 oder dem Grabstein mit der Aufschrift „wurde vom Blitz erschlagen““ – bevor ich anhalten würde. Also eigentlich nie. Und schon gar nicht irgendwo hinsetzen.

Wunder was fand ich mich auf dem Boden wieder, dachte noch an meine weisen Worte meines letzten Beitrags und musste mich tatsächlich noch mal fragen: warum tue ich mir das an? Ein wenig Selbstmitleid war auch dabei und ein paar Tränen wollten sich auch sammeln, ehe ich aufsprang und weiter lief. Thomas war mit Mojo auch dabei – glücklicherweise sage ich da nur. Nachdem der neue Weg zu noch mehr Anstiegen führte und schließlich in Trails mündete war ich echt am Ende der Fahnenstange. Nach 14km blieb ich einfach stehen und stoppte die Uhr, schnell war ich sowieso nicht mehr. Ich war nicht mal mehr des Gehens mächtig. Also stieg Thomas von Mojo und ich übernahm ihn, kam jedoch kaum hoch und konnte dann auch kaum treten. Es dauerte ziemlich lang bis sich alles wieder entspannte. Auch mein Gemüt entspannte sich wieder.

Kann ein MTB beruhigen? Mich irgendwie schon. Aber Mojo und ich haben ja sowieso ein besonderes Verhältnis zueinander. Das weiß auch Thomas 😉 War dann trotzdem noch schön so in der Abendsonne, auch wenn es leider keine 20k waren. In weiser Voraussicht pausierte ich am Samstag – dafür fielen uns andere Dinge ein die unbedingt angegangen werden mussten.

Das Trauerspiel auf der Terrasse zum Beispiel. Nach dem harten Winter und seitdem wir die Kaninchen nicht mehr haben war da wirklich tote Hose. Mir fehlte auch immer die Zeit mich da mehr drum zu kümmern und habe das eher abgeschoben. Um die Pflanzen, nicht um die Tiere 😀 Letztes Jahr habe ich das dennoch irgendwie schöner hinbekommen, hatte mir da aber auch mehr Zeit gelassen. Das war diesmal eher die Hau-Ruck Aktion, dafür pflegeleicht. Ein Bild von vorher habe ich leider nicht, das war einfach zu schlimm 😀 Ich vermisse auch die Holzdielen die bei unserem Einzug noch vorhanden waren..Dann kam ein Statiker und ein Architekt und zack war die Terrasse erstmal ganz weg. Wenn’s dann demnächst wieder ans Grillen geht und etwas mehr Leute anwesend sind, sieht das bestimmt wieder belebter aus. Muss.

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Bin etwas vom Thema abgekommen. Ich wollte ja noch berichten wie es sich so durch den Spessart schiebt. Wenn man sonntags um kurz nach 8 die Bikes ins Auto lädt, dann muss man scheinbar besonders motiviert sein. Aber das waren wir ja auch. Und so viel los war auch noch nicht, weshalb wir relativ schnell an der Tour waren.

Ohne weitere Umschweife ging es los und der erste Anstieg kam unter die Räder. Mein Körper war noch immer im Schlafmodus und wollte sich nicht so recht anpassen. Das ist der Preis, wenn man die ganze Woche sonst erst abends zum Sport kommt. Geplant waren 1400HM verteilt auf 56km. Entgegen meiner inneren Angst wurde es dann irgendwann doch erst mal wieder etwas flacher, sodass ich Zeit hatte mein Tempo zu finden, sowie meine Beine zu motivieren, die mir den Freitag immer noch nachtrugen – dafür konnte ich jedoch ruhig atmen. Interessant ist wie wahnsinnig schnell in letzter Zeit meine Herzfrequenz immer weiter sinkt und seit gestern gar nicht mehr über 180 kommt, egal wie hart es wird. Das hat sich auch auf das Laufen ausgewirkt, aber bisher nur ein wenig. Dafür bescheißt mich Garmin sonst beim Laufen mit der Geschwindigkeit und beim Biken um Höhenmeter und mehrere Kilometer. Nicht witzig.

IMG_20150510_125818493Viel Zeit zum philosophieren blieb bei dieser Tour nicht wirklich. Berg – 10 Meter flach – Berg. Das ist zwar auch ein Rhythmus aber ein gemeiner. Zudem sehr trail-lastig. Langweilig wird es einem da nicht, wenn man bei jedem Tritt bergan um eine gute Route über Steine und Wurzeln kämpfen muss, um nicht anhalten zu müssen. Nach vielleicht 10km gab es dann die ersten Zwangsstopps, die einfach nicht mehr aufhören wollten. Umgefallene Bäume, Geäst und andere unfahrbare Untergründe forderten nicht nur schieben, sondern auch tragen. Kraftausdauer war da inklusive. Manche Trails mündeten quasi in eine Art Dschungel mit Gestrüpp oder anderen dornigen Angelegenheiten. Rutschige Wurzeln und nasse Blätter die einem über die Arme oder auch mal das Gesicht streiften, sorgten für Abwechslung. Eine Heckenschere wäre nicht schlecht gewesen.

IMG_20150510_125814666Es wurde still weitergekämpft. Garmin zeigte stur die Route an und wir taten wirklich alles um dem Pfeil gerecht zu werden. Mein persönliches Highlight war ein Baum der nur fast ganz umgefallen war und diagonal über dem Weg hing und genau so viel Platz ließ, dass man in der Hocke (mit gelegtem Bike) darunter hindurch kriechen konnte bzw. musste. Denn ein Darüber-klettern war unmöglich. Ich dachte kurz an Tough Mudder. Dazu hätte ich aber gleich mit voller Inbrunst durch den Schlamm robben und lachend in die Dornen springen müssen.

IMG_20150510_125801370Irgendwann waren auch diese langatmigen Passagen vorüber und es ging zur Abwechslung mal runter. Für mich mal mehr und mal weniger gut – es kommt immer darauf an, wie steil es tatsächlich ist und inwieweit es in meinem Kopf dabei rattert. Ansonsten geht es schon besser – oder sagen wir es so, ich habe mich schon viel schlimmer angestellt 😀

Über regennasse Wiesen ging es weiter bergan – das erste Mal dass Mojo tatsächlich Gras unter den Rädern hatte. Man kam stellenweise wirklich nicht mehr auf die Idee noch in Deutschland zu sein – richtig abgeschiedene Gegenden, Kühe, Pferde. Und Stille, Weite. Auch die Sonne zeigte sich immer wieder. Auf einer der Wiesen stand dann mal eben ein Konstrukt von einem Hochstand mit einem feinsäuberlich aufgeschüttetem Wall aus Steinen unmittelbar davor. Falls das Wild es sich anders überlegt und zum Rachefeldzug angreift. Vielleicht.

Kurz danach ließ die nächste Kletterpartie auch schon nicht mehr lange auf sich warten. Fahren unmöglich. So cool sind wir leider noch nicht. Ich bekam ja kaum Mojo hochgetragen und war auf den letzten Metern auf Hilfe angewiesen. Ich schiebe das mal auf meine ausrangierten Laufschuhe, die absolut keinen Grip haben. Eine der nächsten Investitionen ist somit auch klar…

IMG_20150510_125826906Nach knapp 30 Kilometern hatte ich das Gefühl es würde nie wieder flach werden. Hinter jeder Kurve ging es weiter. Meine Beine fingen leise an zu weinen. Mein Kopf titulierte mich als Weichei. Wie ich es noch weiter schaffen sollte war mir ein Rätsel. Ich entschied mich für die Taktik für jeden Meter dankbar zu sein und schraubte mich so langsam aber sicher nach oben. Nach einer gefühlten Unendlichkeit wurde es mal wieder flacher und kurz bevor es wahrscheinlich wieder so ewig hoch gehen würde, machten wir die erste Pause. Mit ins Gras setzen und das Panorama langsam einsickern lassen. Hatte ich nämlich schon total ausgeblendet. Ich zog an meiner Trinkflasche und versuchte kurzfristig zu regenerieren. Ein Riegel hatte bisher schon daran glauben müssen und irgendwie reichte mir das auch. Kurz vor dem vollständigen Auskühlen erhoben wir uns wieder und es ging weiter.

IMG_20150510_134314881Es war hart. Verdammt hart. Für mich zumindest. Ich verfluchte den Longrun und meine nicht vorhandene Fähigkeit vor so einem Event mal ausreichend zu regenerieren. Nein der Akku muss gerade kurz vor „leer“ sein. Vielleicht ging es auch einfach nur bergauf? 😀 „Man verliert zuerst im Kopf“ – man, schön hatte ich das letztens geschrieben. Ich wollte aber nicht verlieren. Also immer weiter. Die Anstrengung legte sich irgendwann auch wie ein Schleier über meinen geliebten Hüftbeuger. Und nein: das war nicht förderlich.

IMG_20150510_134318469Mal hier mal da mussten wir uns wieder auf den rechten Trail bringen – ein wenig zurück fahren oder uns durch das Unterholz schlagen. Im Zweifelsfall waren wir an einer Gabelung für Höhenmeter, das lag ganz deutlich in der Luft. Nur einmal hatten wir das Vorrecht einen fälschlichen Weg wieder herunterfahren zu müssen – da durfte mich die Dornenranke am verwunschenen Pfad des Wahnsinns gleich zwei Mal küssen.

IMG_20150510_134307162Dann wurde es noch einmal richtig schön – satte grüne Wiesen und Bäume mit Blütenmeer. Zum Glück setzte da die Wahrnehmung wieder ein, sodass das ausreichend bildlich dokumentiert wurde. Ab da wurde es ziemlich strange. Garmin zeigte munter weiter die Route an, aber bald gab es keine Wege mehr die dem Pfeil gerecht wurden. Unter uns lag eine Bahnschiene, daneben eine Art Mondlandschaft, verschuldet von Bauarbeiten. Wir wollten es zwar lange nicht wahrhaben, aber wir MUSSTEN da runter. Da wollte ich es nicht mal probieren zu fahren, ich wäre wahrscheinlich direkt gestürzt. Selbst das Schieben war nicht einfach, es war einfach zu steil.

Nach Ewigkeiten war ich dann auch mal unten und wir kurvten durch die Mondlandschaft, testeten jeden Weg an der uns zur Verfügung stand ehe wir uns gezwungen sahen durch einen Tunnel zu fahren der zu einer Baustelle führte, vor dem ein Warnschild mit der Aufschrift „Lebensgefahr“ stand. Kurz abgewartet und direkt hinter einem LKW in den Schlund der Röhre, der kaum breiter war als dieser. Ich glaubte noch an ein kurzes Unterfangen, weil ich buchstäblich das Licht am Ende des Tunnels sah. Ab der Mitte war es plötzlich stockdunkel und ich sah höchstens noch den lehmigen feuchten Grund etwas reflektieren. Beinahe beklemmend.

Wieder im Tageslicht befanden wir uns auf einer riesigen Baustelle. Es wurden Tunnel gebaut. An den Bikes klebte roter Lehm. Wir fanden ein Schlupfloch und entflohen der Baustelle wieder. Dafür gab es nun Treppen. Das ging anfangs noch ganz gut, aber die letzte Treppe erwies sich als sehr lang und schmal, gefühlt noch steiler und ich bekam meine Höhenangst zu spüren, wusste nicht wie ich ohne mich festzuhalten mit Mojo da herunter kommen sollte. Mein Retter in der Not erbarmte sich meiner – der hat echt was gut würde ich sagen 😉

Nur noch 10 Kilometer. 300 Höhenmeter. Alles wird gut. Gleich geschafft. Von wegen!

Aus hoch wurde stellenweise richtig hoch, steil und ich pfiff zwar noch nicht aus dem letzten Loch, dafür übernahmen das Beine und Hüfte für mich. Es war zäh und härter als ich glaubte. Da war wirklich nochmal alles drin: Feldwege, Straßen, Wiese, Wurzeltrails, Schotter, Steine, Dschungel, Wald. Natürlich immer bergauf. Die paar Meter die das mal nicht so war sind mir schon wieder aus dem Gedächtnis gerutscht. In meinem Kopf war nur noch folgendes los: Potato Potato, ching chong Tomato. Achja und natürlich: Auto! 😀

Zur Krönung natürlich weiterhin das Auto mehr oder weniger umständlich eingekreist und bis wir es dann wieder hatten, kamen wir auf plus 5 Kilometer und 115HM mehr. Also das macht dann 60.6km und 1515HM in 5:15h die wir in Bewegung waren. Ich war schon lange nicht mehr so froh ein Auto zu sehen, denn ich glaube ich hatte mittlerweile schon meinen Namen vergessen. Auch wenn die Luft darin so schön erfrischend war, nachdem die Sonne die ganze Zeit drauf geknallt hatte. Dann wurde ich schlagmüde. Die Fahrt mit der U-Bahn ist irgendwo im Nebel verschwunden, den letzten Kilometer bikend nach Hause war ich wieder fit. Komische Welt.

Zu Hause war es dann aber erstmal vorbei, ich hing auf der Couch und leerte die Wasserflasche neben mir. Hunger hatte ich gar keinen, bis zum Abend nicht und selbst dann war es noch moderat. Vielleicht zu fertig zum Essen? Geht das überhaupt?

Heute Morgen in der Firma dann so müde. Nicht mein Kopf aber mein Körper. Und die Arme sind jetzt einen Tick dunkler als die Finger und die Oberarme etwas heller als die Unterarme. Das wird demnächst echt lustig aussehen, wenn das so weiter geht 😀

Nach der Arbeit mit Mojo ins Studio gefahren, 8km Dauerlauf abgespult, Arm-Day hinter mich gebracht, Bauchmuskeln gequält (ohgottohgott) und 30 Liegestütze mit der Nase auf dem Boden. Chacka!

— Jamie

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