Entschleunigen

Ich versuche mich mal etwas kürzer zu fassen als sonst üblich: vorletzten Montag – Tempolauf (5,6k, 24min). Ansonsten könnte es ja langweilig werden. Dienstag? Tartanbahn! Mit irgendwie komischen Läufen. 4x 100, 150, 200 und 100m. Um 19h begann es schon wieder zu dämmern. Man merkt es deutlich, die Tage werden kürzer. Dafür sah ich noch Überreste des Blutmonds, der immer noch sehr tief stand und so aussah als würde er über den Häusern ruhen. Besonders fit und schnell war ich an diesem Tag leider nicht, denn ich spürte noch die Nachwirkungen des vorigen Trainings. Hätte ich bleiben lassen sollen, aber wie sooft siegt bei mir die Unvernunft.

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Das ganze ließ sich jedoch noch toppen. Am Mittwoch nach der Arbeit kam mir der Gedanke, man könnte ja noch einmal für dieses Jahr „Afterwork-Biken“. Bevor die Zeit umgestellt wird, bevor es noch früher dunkler wird. Bevor es richtig kalt wird. Jaja.

Nach meinen ganz eigenen Berechnungen würde ich noch bevor es ganz Nacht wäre, vor meiner Haustür stehen. Für den Fall der Fälle begleitete mich mein LED-Flutlicht. Um kurz nach 18h saß ich auf Mojo und plante einfach die kürzeste Strecke mit den meisten Höhenmetern rauf auf den Feldberg. Wenn es noch richtig hell ist, dann wiegt man sich in Sicherheit und in dem Glauben, die Umstände würden sich langsamer verändern, als es der Realität entspricht. Es soll Zeiten gegeben haben, in denen ich gegen 21h auf dem Feldberg stand und mir die Sonne ins Gesicht schien.

Bitte fragt mich nicht wieso, aber ich fuhr zur Hohemark einen Umweg, weil ich die Straße satt hatte. Was ja (eigentlich) legitim ist. Das kostete mich knapp über 10 Minuten oder sogar mehr, sodass ich erst um 15 vor 7 den ersten Berg in Angriff nahm. Das war das erste Mal, dass ich mir dachte: Mhh könnte knapp werden. Zudem fiel mir alles so schwer, ich kam gefühlt einfach nicht vom Fleck. Kurz vorm Fuchstanz dachte ich mir noch, es sei nur so dunkel wegen der ganzen Bäume. Als ich oben herauskam, war die Sonne tatsächlich am untergehen. Es sah noch nicht einmal schön aus, es wurde einfach nur grau und grauer.

Mein Verstand sagte mir: Wenn du jetzt umdrehen würdest, könntest du es schaffen. Die restlichen 2,5 Kilometer wären doch gelacht, wenn ich sie nicht fahren würde. Also weiter hoch. Ungefähr alle 200 Meter dämmerte es ein wenig mehr. Es wurde kalt. Die ersten Biker mit Licht kamen mir entgegen. Alles cool, einfach weiter fahren. Irgendwie war es auch leicht beklemmend. Nein, du musst dein Licht noch nicht anmachen, du siehst doch noch alles. Man muss ja nicht so tun, als wäre es schon Nacht, wenn man noch zwei von fünf Steinen sieht!

Wenn ich oben an der Straße einfach umdrehe, dann komme ich noch halbwegs sehend wieder zurück zum Fuchstanz. Wenn… Natürlich fuhr mein persönlicher Anspruch wieder mit. Eigentlich war sowieso ja schon alles zu spät.

Leuchte an. Leuchte aus. NOCH siehst du genug, stell dich nicht so an. Oben angekommen sah ich, dass es nicht die Bäume gewesen waren, die den Himmel verdunkelten. Licht wieder an und sofort auf direktem Weg runtergefahren. Spätestens nach 300 Metern stellte ich fest, dass mein Lichtkegel einfach zu schwach war. Höchstwahrscheinlich, weil ich die Akkus seit letztem Jahr nicht mehr gewechselt hatte. Es war ein diffuses Unterfangen und der schmierige Untergrund meinte es nicht gut mit mir. Ich fuhr so unsicher, dass ich entschied ein Stück auf die Straße auszuweichen, um das letzte bisschen Helligkeit mitzunehmen. Aber auch das hatte sich nach drei Minuten erledigt.

Runter, runter, runter… Denn hinab ist immer richtig. Vor mir tauchte eine Kreuzung auf und ich überlegte das erste Mal, in welche Richtung ich fahren müsste. Im schwachen Schein meiner Funzel sah ich zwei Schilder. Links: Königstein. Rechts: Schmitten. Als ich mich umdrehte, sah ich ein drittes Schild: Oberursel, 16km. Während ich es nicht fassen konnte was mir da passiert war, war es rabenschwarz um mich herum geworden. Ich hätte den ganzen Weg zurück fahren müssen, bergan. Ich fühlte mich nicht wohl dabei und es hätte ewig gedauert, bis ich wieder zu Hause gewesen wäre.

Mein Soll hatte ich ja bereits erfüllt. Also griff ich zum Handy, um mich das erste Mal in meiner Biker-Karriere abholen zu lassen. Irgendwo im Nirgendwo. An dieser Stelle muss ich echt sagen: ein Hoch auf Whats App. Man kann den Standort schicken und so dauerte es „nur“ 35min bis Thomas mich mit meinem Beetle aufgabelte. Ich war richtig durchgefroren und einfach nur so verdammt froh mich in den Autositz sinken lassen zu können.

Die Krönung war, dass wir die Steckachse des Vorderrads am Straßenrand liegen gelassen hatten. Das fiel nach ein paar Minuten zum Glück auf. Also wieder umgedreht… Ich musste versprechen solche Aktivitäten unter der Woche um diese Uhrzeiten sein zu lassen 😉

Freitag nach der Arbeit (diesmal etwas früher) startete ich quasi meinen ersten Traillauf, direkt ab der Hohemark mit freundlicher Begleitung. Was auch echt gut war, weil ich mich weniger um die Wegwahl kümmern musste, als um das Setzen meiner Füße. Die ersten drei Kilometer gingen noch, dann entschieden meine Waden, dass sie lieber aussteigen würden. Es war ihnen einfach zu steil. Ab und zu war „schnelleres Wandern“ angesagt. Ich war schon lange nicht mehr so froh, nach nur 5 Kilometern wieder bergab laufen zu dürfen. Einmal wäre ich fast über meine eigenen Füße geflogen – da ließ dann einfach die Konzentration etwas nach. Insgesamt knappe 10km, 380HM. Okay für einen Freitag nach der Arbeit finde ich. Auf jeden Fall zeigte mir das, dass ich lauftechnisch am Berg noch eine Baustelle habe und ich ansonsten einfach zu schnell unterwegs bin. Stichwort Grundlage. Stichwort Herzfrequenz, die bei mir irgendwie immer recht hoch ist, ich mich aber trotzdem gut dabei fühle, mich sogar unterhalten kann. Strange.

Um mal weiter zu kommen, wird jetzt umstrukturiert: langsamer laufen, Kilometer sammeln. Könnte etwas langweilig werden, aber das nehme ich in Kauf und schnecke nun mit einer Pace von 5:30 oder mehr, durch die Gegend. Nur, damit mein Puls die 140 nicht verlässt – was er aber irgendwann trotzdem tut. Und er tut es noch lieber, nach einem langem Arbeitstag und wenn ich müde bin. Sodass ich nach 10km fast bei über 170 rauskomme. Dazu gleich mehr.

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Im Zeichen der Entschleunigung gingen wir mit Gunnar und Lisa auf Wanderschaft. Schöner und sonniger hätte dieser Samstag echt nicht mehr sein können. Über die Telegrafenschneise (Achtung sehr steil) ging es rauf auf den Herzberg und von dort Richtung Sandplacken. Dann über unsere Standard MTB-Trails wieder zurück. Unterwegs lachten wir uns nicht nur ständig über jeden Scheiß krumm, sondern ich fand auch den schönsten Herbst-Pilz im Taunus. Wenig später rauschte ein Biker an uns vorbei und überfuhr das Hinterteil einer Blindschleiche, welche sich über den Weg wand und schließlich das beschädigte „Teil“ einfach abwarf. Zookekse-kauend und irgendwie fasziniert, beugten wir uns über den zuckenden Schwanz, obwohl dieser nicht mehr mit dem Körper verbunden war. Das waren die Nerven. Nur, dass das Geschlängel auch nach fünf Minuten noch nicht aufgehört hatte. Also wanderten wir weiter. Am Ende waren es 14km und knappe 4 Stunden. Wir hatten uns echt Zeit gelassen.

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Am Sonntag war ich – wer hätte das gedacht – echt müde. Trotzdem zwang ich mich aufs MTB und das im Regen. Auf dem Weg zur Saalburg zog plötzlich ein anderer Biker mit mir gleich und wir duellierten uns noch bis zur Burg. Wenigstens etwas Action für mich und so merkte ich gar nicht wie die Zeit verging. Auch der Regen hatte ein Einsehen. Sandplacken, Feldberg – that’s it.

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Montag. 14km laufen in 1:16h. Nach 10km wie gesagt ein Puls von 170. Selbst als ich auf eine 6er Pace auswich, tat sich da nichts mehr. Ich hatte das Gefühl in Zeitlupe zu laufen und es fühlte sich anstrengender an. Also 5:30. Das ist für mich momentan echt schon ein großer Kompromiss.

Am Dienstag regnete es nicht nur, die Bahn war auch wegen der Flüchtlinge gesperrt. Einfach mal so, falls noch wer Zelte aufstellen sollte.

Die Wiederholung folgte diesen Mittwoch, diesmal nur 10km. 1km in WK Tempo, hinten raus. Donnerstag das gleiche Spiel. Heute lasse ich alles gut sein. Morgen wird Mojo gesattelt und am Sonntag laufe ich 10k beim Kurparklauf in Bad Homburg. Ob ich das in meiner Wunschzeit schaffe, sei mal dahingestellt. Ich spucke jetzt lieber keine großen Töne, ich kann nur soviel sagen, dass die 1,5k gestern in WK-Tempo sich plötzlich nicht mehr so anfühlten, als könne ich sie noch 8,5k länger bewältigen. Ich werde berichten, sofern es dann überhaupt etwas nennenswertes zu berichten gibt. Vielleicht wird es auch einfach nur ein Reinfall.

Darüber hinaus habe ich mich bei ASICS als Frontrunner beworben – vielleicht reicht mein Biss und die Liebe zum Laufen ja aus? 🙂 Bewerben kann man sich noch bis zum 15. November!

Okay – ist jetzt doch wieder länger geworden, aber das waren immerhin auch fast 2 Wochen.

— Jamie

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