27. Feldberglauf 24.04.2016

Der Feldberglauf war so einer, der war irgendwie schon immer da und man ist ihn trotzdem nie gelaufen. Der eine hatte immer etwas besseres vor und der andere… ich zum Beispiel, wohne „erst“ seit knapp 3 Jahren im Taunus und hörte durch mein Fitnessstudio (TSGO) welches diesen Lauf ausrichtet erstmals nach einem Jahr davon. Das hieß für mich konkret Trainingsstand vs. Feldberglauf = eine gewisse Diskrepanz. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir gerade so den Feldberg mit dem Mountainbike erarbeitet und war darauf schon mächtig stolz. Verworfen.

1 Jahr später war ich zwar so richtig im Lauftraining und der Feldberg war mittlerweile mit dem MTB auch mehrmals hintereinander gut für mich zu erreichen, jedoch gab es keine Bergläufe in meinem Training. Also lehnte ich dankend und lachend ab. Ich konnte es mir noch nicht einmal vorstellen.

Etwa noch ein Jahr später quält man sich dann das erste Mal 5km die Saalburg hoch und denkt man müsse sterben. Zwei Monate später schafft man es unter Krämpfen bis zum Fuchstanz und läuft noch in Eigenregie bis zum November die otto-normal Stoppomat Strecke zum Feldberg hoch (die man übrigens auch an einer Hand abzählen konnte). Drei Monate später fängt man an mit ein paar mehr oder weniger Verrückten an durch den Wald einen Berg hochzulaufen. Und noch einen. Noch einen.. und merkt, dass es geht und das auch noch über 30km. Das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Und seitdem hänge ich irgendwie ziemlich tief drin, im OCR und allem was dazu gehört.

Als es dann mal wieder hieß: „Bock auf Feldberglauf?“ Habe ich nicht eine Sekunde gezögert, denn nun ist ja alles anders. Zwischen Veranstaltungen die den Titel „35 oder 50km Trainingslauf“ trugen, war der Feldberg plötzlich einfach nur noch Basic. So schnell kann sich das Blatt wenden, man sollte niemals nie sagen. Nie.

Wenn ihr noch immer mitlest..Chapeau!

Der 24. war ein Tag wie er klassischer hätte im April nicht sein könnte. Es kühlte von einem auf den anderen Tag wahnsinnig ab, sodass ich mich frierend bei etwa einem Grad auf dem Hohemark-Parkplatz einfand, ich glaube es war kurz nach 9. Sofort lief Thomas und mir Gunnar in die Arme. Denn nein, auch wenn Gunnar hier fast nur innerhalb meiner MTB-Geschichten erwähnt wurde, er läuft auch.

Dann sammelten sich auch einige OCRler und wir verfrachteten uns in die warmen Räumlichkeiten der Primary School gegenüber, nestelten mehr oder weniger schön unsere Startnummern an die Shirts. Zum Glück hatte ich noch ein Funktionsshirt drunter und die Armlinge dabei!

Da viele die vorige Woche schon den Weiltalweg-Marathon gelaufen bzw. geballert sind, sollte sich das Ballern für diesen Lauf etwas im Hintergrund halten.

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Wir liefen uns warm, aber es wurde einfach nicht warm, obwohl wir den ersten kleinen Berg der Strecke hinauf liefen. Dann fing es auch noch an zu schneien. Wir stellten uns noch schnell vor den Startbereich, damit Thomas noch ein Gruppenbild schießen konnte. Als unser obligatorisches Gebrülle ihren Weg in die Gehörgänge der umstehenden Personen fand, ernteten wir teils amüsiert-schockierte Gesichter und Beschwichtigungen wie: „Ganz ruhig, ganz ruhig!“ Den entsprechenden Eindruck hinterlassen? Können wir.

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Im kuschligen Gedränge kurz vor dem Start, konnte man nochmal kurz Körperwärme speichern (von wem auch immer). Klassisch von 10 runter gezählt, gelacht und losgelaufen. So richtig voll da war ich irgendwie nicht. Meine Beine fühlten sich weich an und obwohl es so kalt war hatte ich das Gefühl von Heuschnupfen gebeutelt zu sein. Ich merkte relativ schnell, dass ich bei Tim und Alex nicht würde mithalten können, ohne unterwegs einzubrechen. Also hielt ich es für eine gute Idee mich an Janosch zu halten. Esther war mal hinter mir, mal neben mir. Miss Vernünftig an diesem Tag. Wirklich, ich habe ein fettes Kreuz im Kalender gemacht! Und dann überholte ich Janosch doch, denn die Beine waren nicht mehr so weich. Dafür die Waden ganz leicht krampfig, aber das blendete ich aus.

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(c) Laufreport.de

Der erste Anstieg von insgesamt 585 Höhenmetern war erledigt und dann ging es weiter rechts hoch, die Felder teilten sich und ich merkte dass ich immer irgendwie irgendwo alleine lief, mit einem guten Abstand zum nächsten Feld. Wer genau hinter mir war, konnte ich auch nicht ausmachen. Dann wich der Schnee wieder. Die Sonne kam plötzlich heraus. Auf Schotterwegen schraubten wir uns immer weiter nach oben, ich lief ungefähr eine 6er Pace, denn die 5:30 vom Anfang konnte ich nicht mehr halten. Alles schnaufte um mich herum. Dann sah ich irgendwann eine große blaue 4 an einem Baum prangen und fing an großzügig gegenzurechnen und aufzurunden, den theoretisch war es ja nicht mehr weit. Theoretisch sind 9,7 Kilometer ein Witz. Dennoch hatte ich Schwierigkeiten mich selbst einzuschätzen, da ich noch nie auf Tempo diese Strecke von ganz unten nach oben gelaufen war und daher meine Grenze nicht kannte und vielleicht etwas zu verhalten lief.

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(c) Laufreport.de

Richtung Fuchstanz zog es sich dann wieder zu. Vereinzelt gab es ein paar Fotografen oder Spaziergänger am Streckenrand die uns etwas anfeuerten. Kurz vor dem Fuchstanz ging es das einzige Mal kurz hinab, bevor es nur noch hinauf gehen würde. „Hallo Jamie!“ Esther war neben mir aufgetaucht. Während ich versuchte taktisch Kräfte zu sammeln, war es für sie ein lockerer Trainingslauf. Anziehen ging für mich nicht mehr, ich wollte nur nicht noch viel langsamer werden, um eventuell noch unter 60min bleiben zu können.

Checkpoint Fuchstanz. Ab da waren es noch genau 2,3 Kilometer bis zum Feldberg. Wovon sich ungefähr 1,5km elendig lang ziehen, mit einer komischen nicht-Steigung von 7%. Es ist nicht flach, aber es ist auch nicht wirklich steil. Und trotzdem fühlt es sich dann manchmal an als hätte man starken Gegenwind. Auf diesem Stück fingen einige an zu gehen. Ich knabberte mich da irgendwie so durch – einen Schritt vor dem anderen halt und Esther war ja auch noch da. Also alles gut.

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Tim im Endspurt!
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Esther – die Vaunus-Vernunft herself

Oben an der Straße angekommen, hatten meine Beine etwa 50 Meter Zeit wieder locker zu werden, ehe es die letzten 700 Meter zum Feldberg hinaufging, die natürlich noch etwas mehr Berg beinhalteten. Alles was ich wollte war nicht stehenbleiben und irgendwie hatte das auch funktioniert. Ich hangelte mich gedanklich von einem Baum zum nächsten. Oder zählte die mir vertrauten Wurzeln, bis ich das Ziel sah. Und nach ein paar Meter weiter auch die anderen die am Streckenrand warteten.

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Bis plötzlich Tims Oberfeldwebel-Gebrüll mein Ohr erreichte: „Jamiiieeee! Antreteeeen!“ Ich wusste nicht recht, ob ich weinen oder lachen sollte, aber nahm die Beine nochmal in die Hand und lief schneller als gedacht über die Ziellinie.

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Gunnar und Thomas waren auch schon da. Wie immer nach Ziellinien-Überquerungen, bin ich leicht verpeilt und neben mir. So auch dieses Mal. Irgendwer reichte mir einen kalten Tee. Die Sonne blieb noch kurz, dann wurde es wieder windig. Ich lief etwas ziellos hin und her, weil mir eingefallen war, dass wir ja vorher unsere Sachen in die Dropbags gepackt hatten, die mit einem Bus nach oben befördert wurden. Also stand ich auf der Wiese am Gipfelkreuz, suchend nach meinem Sack. Plötzlich bekam ich diesen von einem Helfer überreicht und ich wunderte mich noch woher er wusste, dass es meiner war, bis mir einfiel, dass ich ja noch die Startnummer trug 😀

Marcell (Gym-Junkie, Hobbysprinter und letzten Endes der, der mich mit dem MTB an den Berg brachte und eigentlich an allem was folgte somit absolut schuldig ist) war auch so ein mehr oder weniger freiwilliger Helfer, der sich jedoch gerade den Ast abfror, aber doch ganz erfreut war mich zu sehen. Ich entschuldigte gleich mal mein häufiges Fehlen beim TSGO und erklärte was ich zur Zeit sonst so mache…Schweigen auf dem Feldberg 😉

Dann wurde ich noch vom Veranstaltungs-Chef höchstpersönlich darüber in Kenntnis gesetzt, dass ich ja nur noch für diesen komischen OCR laufen würde und nicht mehr für die TSGO. Ich habe gelacht, auf mein Shirt gezeigt und gesagt: „Da könntest du recht haben!“

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Natürlich fuhren wir Crazy Vaunus Runner nicht mit dem mimimi-Shuttle wieder nach unten. Nein, da wurde nochmal kräftig gebrüllt, ein oder mehrere Gruppenbilder gemacht, sich der obligatorische Trinkrucksack auf den Rücken geschnallt und wieder nach unten gerannt. Ich war zwar nicht völlig am Ende, aber meine Beine wollten Downhill dann doch lieber etwas gemäßigter.

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So standen dann mal wieder ca. 18km auf der Uhr ehe wir endlich in der Primary School die Ergebnisse einsehen konnten. Pierre, unsere französische fliegende Bergziege, war mit 52min als erster von uns oben. Es folgten noch Tim und Alex mit etwa 53-57min. (Nachtrag an dieser Stelle: für Tim waren es exakt 53:36min!) Mit 61min kam dann irgendwann ich und direkt danach Esther. Alles in allem hatten wir sehr zufriedenstellende Zeiten abgeliefert und niemand hatte mehr als 65min benötigt 🙂

Gunnar allerdings, hatte mal wieder den Vogel abgeschossen. Trainiert gefühlt ein bis zwei Mal im Monat, läuft den Feldberg Monate lang gar nicht mehr hoch und gewinnt dann einfach mal so seine AK mit etwa 47min. 😐 Glückwunsch an dieser Stelle, aber mehr kann ich einfach nicht dazu sagen 😀

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Gunnar (vorn) in Action (c) Laufreport.de

Mir selbst fehlten nur ca. 20 Sekunden zu einem 3. Platz meiner AK, aber auch damit kann ich gut leben – war ja nur ein Testlauf für mich 🙂

Alles in allem: netter Lauf, gut organisiert und einfach ein Muss den zu laufen, wenn man eh schon im Taunus wohnt und dort trainiert!

— Jamie

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